vds-Wahlprüfsteine 2022
Ein Rückblick auf die Online-Veranstaltung am 22. April.
Der vds Schleswig-Holstein hat zur Wahl am 08.05.2022 Wahlprüfsteine entwickelt, anhand derer den zur Wahl stehenden Parteien Gelegenheit gegeben werden soll, sich zu sonderpädagogischen Fragestellungen zu äußern.
Für die Parteien nahmen an der online-Veranstaltung teil:
- Annette Röttger, CDU
- Ines Strehlau, Die Grünen
- Sibylla Nitsch, SSW
- Jörn Puhle, SPD (fehlte krankheitsbedingt)
Die FDP und Die Linke haben auf die Einladung des vds leider nicht reagiert.
Für den vds nahmen der Vorstand und etliche Mitglieder teil.
Die Moderation übernahm Dr. Angela Ehlers als vds-Bundesvorsitzende und Mitglied im Landesverband Schleswig-Holstein.
Zunächst beschrieb Dr. Ehlers den vds als einen überparteilichen Fachverband für Sonderpädagogik, dessen vorrangige Aufgabe es sei, sich für die bestmögliche Bildungsteilhabe von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen einzusetzen. Der Verband wurde von ihr als Herausgeber der Zeitschrift für Heilpädagogik und Betreiber der Bildungsakademie vorgestellt.
Frau Ehlers bat die Politikerinnen um eine Einschätzung zu unterschiedlichen Aspekten hochwertiger inklusiver Bildung aus Sicht ihrer jeweiligen Partei.
Schwerpunktmäßig wurden folgende Themenbereiche besprochen:
- Stand und Entwicklung der Inklusion im Lande
- Mangel an Fachpersonal
- Schulneubauten/Barrierefreiheit
- Schüler- und Elternvertretungen
- Ombudsstellen als Modell für die Kreise und kreisfreien Städte.
Frau Strehlau sagte rückblickend auf die vergangenen fünf Jahre, dass Schleswig-Holstein eine hohe Inklusionsquote habe, die in den letzten beiden Jahren etwas zurückgegangen sei. Sie setze sich für mehr und bessere Inklusion ein und werfe die Frage auf, ob eine systemische Zuteilung der Ressourcen von Vorteil sei.
Inklusion an Schulen sei wichtig, um mit einer gesamtgesellschaftlichen Inklusion voranzukommen. „Wir sind noch nicht so weit, wie wir sein wollen.“ Die Koalition habe deutlich mehr Stellen für Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen geschaffen (490 bis 2024), allerdings fehle es weiter an ausgebildeten Menschen für diese Stellen. Grundsätzlich müsse in einer verbesserten Ausbildung auch für die Allgemeinpädagoginnen und Allgemeinpädagogen der Umgang mit Heterogenität einen größeren Raum einnehmen. Sie schlägt Tandemteams aus sonder- und allgemeinpädagogischen Lehrkräften vor.
Frau Nitsch ist Kreistagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende ihrer Partei. Sie arbeitet als Lehrerin beim dänischen Schulverein und empfindet die Entwicklung der Inklusion in Schleswig-Holstein als entschieden zu langsam. Ihrer Meinung nach gibt es u.a. für allgemeinpädagogische Lehrkräfte zu wenig Fortbildungsangebote. Sie befürwortet die Pool-Lösung bei Schulbegleitungen und setzt sich für lebenslanges gemeinsames Lernen, intensiv-pädagogische Maßnahmen und die Bildung von multiprofessionellen Teams ein. Die Arbeitsbedingungen der Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen müsse verbessert werden, es wäre auch wichtig, dänische bzw. ausländische Abschlüsse unkompliziert anzuerkennen und bestimmte Programme, die Menschen in den Sonderpädagogikberuf locken, aufzulegen.
Frau Röttger hat ihren Wahlkreis in Lübeck und ist die bildungspolitische Sprecherin ihrer Partei. Sie hält die Entwicklung der Inklusion im Lande für gut, daneben hält sie den Fortbestand von separaten Schulen für notwendig. Ihr ist wichtig, dass auch die allgemeinpädagogischen Lehrkräfte nicht überlastet werden. Sie sieht ausgebildete Schulassistenten als festen Bestandteil multiprofessioneller Teams. Auch sie verweist auf die Aufstockung der Planstellen für sonderpädagogische Fachkräfte durch die Koalition und setzt sich für eine größere Wertschätzung für den Beruf ein, um ihn attraktiver zu machen. Qualität und verbindliche Standards könnten bei dem Bemühen, mehr Menschen für den Bereich zu gewinnen, hilfreich sein.
Von einer Schulleiterin werden die unzulänglichen baulichen Voraussetzungen für die Inklusion hinsichtlich Schulneu- und Umbauten und Inklusion in die Diskussion gebracht. Frau Röttger meint, alle, besonders die Kommunen, müssten sich anstrengen, neue Wege zu gehen. Sie und Frau Strehlau befürworten beide die Erarbeitung eines Generalschulbauplans bzw. eines Musterschulbauplans – evtl. auch für Kitas – als Vorgabe für die Kommunen. Frau Nietsch hält die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Kommunen grundsätzlich für ungerecht, sie befürwortet verstärkt Campusbauten.
Einig sind sich die Gesprächsteilnehmerinnen, dass die Vertretungen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen mehr Gewicht bekommen sollten und dass die Landesvertretungen der Kinder und Jugendlichen selbst wichtig seien und belebt werden müssten.
Frau Ehlers bringt die Einrichtung von Ombudsstellen zur Schlichtung in problematischen Fällen und zur Entwicklung akzeptabler Lösungen für Eltern und Angehörige ins Gespräch. Die Teilnehmerinnen halten das überwiegend für eine gute Idee. Frau Röttger meint, dass Ombudsstellen aktuell im Programm der CDU nicht vorgesehen seien, die Idee werde sie aber mitnehmen und in der Partei zu Diskussion stellen. Es werden Möglichkeiten der Anbindung und Umsetzung auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte besprochen.
Eine weitere wichtige Anregung von Seiten des vds ist die Einrichtung einer „Denkfabrik“, wie es sie schon vor etlichen Jahren im Lande gegeben hat. Hier könnten die vielen zu besprechenden Themen, die sich für die inklusive Bildung und Sonderpädagogik ergeben, von Fachleuten und Interessierten diskutiert und bewertet werden, um die Entwicklung einer bestmöglichen Bildungsteilhabe für alle voranzutreiben und die Ergebnisse den Entscheidungstragenden auf allen Ebenen zur Verfügung zu stellen. Diese Anregung wird positiv aufgenommen und sie wird vom vds weiterverfolgt werden.
Es ist an der Zeit, wieder eine Denkfabrik einzurichten! |
Insgesamt fand das Gespräch aus der Sicht des vds in einer angenehmen, informativen Form statt.
für den Vorstand: Annette Kriszio